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Space-Nazis raus

Der Shooter „Killzone: Shadow Fall“ ist nicht wirklich schlecht, was vor allen an den Gegnern liegt, die als archetypische Bösewichte prima Schießbudenfiguren abgeben. Aber kann das der alleinige Anspruch eines exklusiven Titels für die neue Playstation 4 sein?

Es ist eine Wonne, auf die Helghast zu schießen. Sie müssen das verstehen: Die bösen Buben aus Killzone: Shadow Fall sehen aus wie mutierte SS-Männer aus der Zukunft. Ihre Augen glühen rot. Sie kleiden sich in Schwarz. Tragen Armbinden. Leben in einem autokratisch gelenkten System. Nehmen sie ihre Masken ab, kommen darunter blasse, fanatische Gesichter zum Vorschein. Sie verdienen ihr Schicksal.

Auf die geniale Idee, sich auf der Suche nach einem funktionierenden Feindbild am archetypischen Nazi zu orientieren, kamen Guerilla Games aus Holland schon 2004. Aber man muss ehrlicherweise sagen: Sie waren nicht die ersten.

Es gibt den Comic-Bösewicht Blitzkrieg, der gegen Captain America kämpft. Sein Name ist Programm. Dann wäre da der Zauberer-Orden der Todesser aus Harry Potter, der einen Führerkult betreibt und Rassismus in Reinform propagiert. Noch heute sorgt der, der nicht genannt werden soll, für Schrecken in jedem Kinderzimmer. Und dann gibt es noch tausend andere Nazis, Fast-Nazis, Hitler- und Goebbels-Verschnitte.

Der Nationalsozialismus lebt eben auch als Artefakt der Popkultur weiter. Schon die äußere Form dieser bedrohlichen Gestalten lässt uns zusammenzucken. Im Falle der Helghast, Bewohner des Planeten Helghan, zeigt sich das am besten am nervösen rechten Zeigefinger des Spielers.

Na klar, mag man denken: Killzone: Shadow Fall für Sonys Heimkonsole Playstation 4 ist ja auch ein Egoshooter. Da hat Trigger-Happiness ehedem Konjunktur. Aber irgendwie haben wir Spieler mehr erwartet. Beansprucht die Playstation 4 nicht für sich, eine neue Ära des Spielens einzuleiten? Müsste das dann nicht auch für die Spiele gelten? Doch tatsächlich ist das Spiel gewöhnlicher, als es hätte sein müssen. Man schießt sich leider zu häufig aus Situationen heraus, anstatt andere Wege einzuschlagen. Das ist enttäuschend.

Touchpad als nützliches Werkzeug

Dabei gibt es durchaus ein paar überzeugende Neuerungen. Eine ist der Einsatz des berührungsempfindlichen Feldes in der Mitte des neuen PS4-Controllers. Damit weist der Held des Spiels seinem kleinen Freund, einer Flugdrohne namens OWL, unterschiedliche Aufgaben zu. Er lässt sie schießen, ein schützendes Kraftfeld aufbauen oder den Gegner betäuben. Am Anfang verwirrt diese zusätzliche Befehlsebene ein wenig. Doch das Touchpad dürfte sich in kommenden Spielen als nützliches Werkzeug erweisen.

OWL kann noch mehr. Es dient als Seilrutsche, um verschiedene Ebenen eines Levels zu erreichen. In Killzone: Shadow Fall hat der Spieler damit definitiv mehr Bewegungsfreiheit als in den gern kritisierten „schlauchartigen“ Levels von Military-Shootern a la Call of Duty. Das wirkt sich auch taktisch aus. Gegner können mit der Seilrutsche überraschend aus erhöhter Position angegriffen werden.

Die Genrereferenz jedoch sind Shooter wie FarCry. Sie geben vor, in welche Richtung sich das Ballerspiel bewegen wird. Auch auf der neuen Konsole. Sie bieten riesige Areale einer frei begehbaren Welt und damit mehr taktische Tiefe. Das fürs nächste Jahr angekündigte Destiny dürfte in der Hinsicht die Messlatte hochlegen.

Held ohne Orientierung in verseuchten Elendsvierteln

Dabei wäre das Setting von Killzone: Shadow Fall für eine Open-World-Umsetzung wunderbar geeignet. Einerseits ist die Hauptfigur ein gelernter „Shadow Marshall“. Eine spektakuläre Jobbezeichnung, von der jeder Bundeswehrsoldat nur träumen kann. Ein Shadow Marshal, denkt man, sollte sich unsichtbar machen, lautlos in einem Schatten verschwinden oder eben in feindliche Gefilde huschen können. Kann er aber nicht. Er ist nur der Schatten eines Shadow Marshall.

Anderseits spielt Killzone in einer durch eine gigantische Mauer geteilten Stadt, halb Science-Fiction, halb Steampunk. Glänzende Hochhausfassaden auf der einen, verseuchte Elendsviertel auf der anderen Seite. Klingt doch spannend, oder?

Es gibt nur einen wirklich nachvollziehbaren Grund, dem Spieler eine offene Welt vorzuhalten: eine gute Geschichte, deren Rhythmus nicht unterbrochen werden darf. Dumm, dass die vom Spiel erzählte Geschichte nicht gut ist. Stattdessen ein bisschen Rache hier, ein bisschen Freund-Feind-Verwirrungen da, ein Held ohne Orientierung, dafür aber mit einer kleinen Katharsis.

Rotäugige Köpfchen

Ein letzter Grund, warum die Einzelspieler-Kampagne von Killzone: Shadow Fall keinesfalls wegweisend ist, liegt in der mit Mängeln behafteten künstlichen Intelligenz der Gegner.

Ein markantes Beispiel ist das Verhalten der Space-Nazis unter Beschuss. Einerseits versucht die Kl sich daran, die Spielfigur auch von der Seite anzugreifen. Das ist löblich, scheitert aber in den meisten Fällen daran, dass der Spieler das Manöver durch den eigenen Wärmesensor früh durchschaut.

Gleichzeitig neigen sie jedoch dazu, mit ihren rotäugigen Köpfchen immer wieder an der selben Stelle aus ihrer Deckung hervorlugen. Das ist im ersten Augenblick dankbar, doch irgendwann möchte man brüllen: Space-Nazis raus! Entwickler Guerilla Games stellt übrigens gerade massiv ein. Unter anderem suchen sie einen leitenden KI-Programmierer.

Erschienen auf Süddeutsche.de