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J.J. Abrams hat den letzten „Star Trek“ gedreht und  „Mission Impossible III“. Er hat die Mystery-Serie Lost erschaffen. Sein neuster Film heißt „Super 8“ und ist ein Abenteuerfilm der alten Schule.

Abrams sieht ein bisschen aus wie Johnny Galecki, der den kleinen Physik-Nerd Leonard Hofstadter in „The Big Bang Theory“ spielt. Und auch Abrams ist in gewisser Weise nerdig: Er ist ein Film-Nerd, aufgewachsen in einem Produzenten-Elternhaus. Dementsprechend früh nahm er eine Kamera zu Hand. Mit 15 Jahren beauftragte ihn sein großes Vorbild Steven Spielberg, dessen alte Amateur-Filme zu restaurieren. Der Kontakt zwischen den beiden riss seitdem nicht mehr ab. Ein Verhältnis, das noch zur Sprache kommen sollte. Denn Spielberg ist nicht nur Idol, sondern auch Produzent von „Super 8“.

Ihr Film Super 8 besitzt das Potential für ein astreines Drama rund um das Erwachsenwerden. Der frühe Tod der Mutter, der fremdgebliebene Vater, die erste Liebe. Warum ist er stattdessen ein astreiner Abenteuerfilm geworden?

Sicherlich hätte ich auch eine Version ohne Alien und Zugunglück machen können. Aber hätte ich als Kinogänger an der Kasse für ein Ticket angestanden, um ein Drama über einen Jungen zu sehen, der seine Mutter verloren hat? Eher nicht. Deswegen wollte ich mehr Spektakel hineinbringen. Mehr visuelle Effekte. Eine Macht von Außen. Ich wollte dem Jungen etwas Unausweichliches entgegenstellen, um sein Innenleben greifbar zu machen. Seinen Schmerz über die Mutter und darüber, mit einem Vater zusammenleben zu müssen, zu dem er nie eine Beziehung aufbauen konnte. Ich wollte zeigen, dass die Unschuld der Kindheit nicht ewig währt.

Dabei wirkt der Film sehr unschuldig, ja nostalgisch. Und er handelt von jungen Hobbyfilmern. Sie selbst haben schon früh angefangen, Filme zu drehen. Wird da autobiographisch etwas aufgearbeitet?

Der Film spielt in einer Zeit, in der ich selbst ein Kind war. Mich inspirierten damals eine Menge Filme, egal ob von Steven Spielberg oder John Carpenter. Daher handelt „Super 8“ auch von der Liebe zum Kino. Aber ich fühlte mich niemals so isoliert wie Joe, der Hauptdarsteller im Film. Obwohl ich mich damals durchaus als Außenseiter wahrgenommen habe. Und klar, ich habe Filme gedreht, genau wie Charles, doch war ich nicht so überzeugt und so bestimmend wie er. Ich liebte es, Dinge in die Luft zu jagen, doch ein Pyromane wie Cary war ich auch nicht. Jedes dieser Kinder hat etwas von mir oder Freunden von mir. Deswegen habe das Gefühl, jedes einzelne zu kennen.

Ich mochte die Vorstellung, einen Film zu drehen, der Humor und Spannung und Abenteuer vereint und noch etwas Herzschmerz hinzufügt

Stimmt es denn, dass der Außerirdische ursprünglich die Idee von Steven Spielberg war?

Ich habe Steven angerufen, nicht aus heiterem Himmel, denn ich kenne ihn schon seit langer Zeit. Ich sagte zu ihm: „Ich möchte einen Film machen, der Super 8 heißen soll. Möchtest du mitmachen?“ Der Witz ist: Ich hatte damals nur eine sehr vage Idee, um was es gehen könnte. Ich erzählte ihm, der Film solle von einem Jungen handeln, der eine schwere Zeit durchleben muss. Steven war wie immer sehr nett und interessiert. Und er sagte sofort zu.

War die ursprüngliche Version des Films dann doch das Drama, für das sie sich als Kinogänger nicht an der Kasse angestellt hätten?

Warten Sie’s ab. Parallel zu Super 8 hatte ich eine Idee an Paramount verkauft, es ging es um einen Airforce-Zug, der in den 70er Jahren verunglückt und aus dem etwas entkommt. Nun hatte ich zwei Geschichten, von denen ich mit nicht sicher war, wohin sie eigentlich führen sollten. Denn beiden fehlte etwas. Der ersten fehlte ein Ereignis, der zweiten die Figuren. Steven fragte, warum ich diese beiden Filme nicht einfach verbinden würde. Das war zwar keine ideale Ausgangsposition für einen Film. Aber ich begriff, dass die Rädchen ineinandergreifen würden.

Eine Mechanik, die dafür sorgte, dass sich Super 8 wunderbar zwischen E.T. und den Goonies einordnen lässt.

Definitiv würde der Film seinen Platz im Regal mit den Filmen der Amblin-Studios* finden. In Filmen von Amblin spielen ja oft junge Menschen tragende Rollen. Sie handeln von Familie und Freundschaft, sind gerne etwas gruselig oder zeigen das Übernatürliche. Und: Sie haben keine Angst vor der Darstellung starker Gefühle. Ich mochte die Vorstellung, einen Film zu drehen, der Humor und Spannung und Abenteuer vereint und noch etwas Herzschmerz hinzufügt.

Sind das die Vesatzstücke für einen guten Abenteuer-Film? Herzschmerz, Freundschaft, Aliens?

Na ja, der Film handelt ja nicht von dem Alien. Die Kreatur ist ganz offensichtlich nur ein Auslöser für die Geschichte, eine Repräsentation dessen, was Joe durchlebt. Sie sollte angsteinflößend sein, aber auch ausdrucksstark. Sie sollte in der Lage sein, den Jungen anzuschauen. In einer sehr wichtigen Szene steht Joe dem Alien gegenüber. Es beugt sich nach vorne und öffnet seine Augen. Der Witz ist: Die Augen gehören Caitriona Balfe, der Schauspielerin, die Joes verstorbene Mutter spielt.

Neigen Sie dann wenigstens zu Verschwörungstheorien? Glauben Sie an Alien-Gefängnisse und Regierungskreise, die alle hinters Licht führen?

Ich persönlich glaube nicht einmal an Aliens. Aber die Vorstellung, sie könnten irgendwo dort draußen sein, ist durchaus reizvoll. Und man weiß ja nie. Aber ich habe die Regierungsverschwörung auch nicht erfunden. Steven hat sie in den Film hineingebracht. Ein weiteres Versatzstück, diesmal als Genrekonvention.

Umzingelt von Piraten und Autos, grünen Laternen und Transformers, diesen gigantischen, monolithischen Marken-Schwergewichten, schlagen wir uns wirklich tapfer

War Steven, ich meine, war Herr Spielberg denn ein guter Produzent und Lehrmeister? Konnte er ihnen einen anderen Blick auf den eigenen Film vermitteln?

Ehrlich gesagt, war ich kaum geneigt, Steven den ersten Rohschnitt zu zeigen, denn ich fand ihn einfach nur schrecklich. Steven aber hat sich den Film angeschaut, und hat gesehen, was der Film einmal sein würde. Darunter waren Szenen, die wirklich nicht funktioniert haben. Doch seine Reaktionen, sein Lachen und Schmunzeln, waren Gold wert. Steven ist jemand, der das Beste in einer Sache erkennt, bevor es andere tun. Er sah in diesem Film einen viel besseren Film, als ich es tat.

Dabei habe sie doch von Beginn an sehr viel Mut gezeigt. Anstatt mit Stars zu arbeiten, haben sie auf junge und unbekannte Schauspieler gesetzt, und das für einen Sommer-Blockbuster.

Dass ein Film mit Joel Courtney und Ryan Griffith so gut in die erste Kinowoche startet, dürfte zum größten Teil dem Umstand geschuldet sein, dass Steven seinen Namen dafür hergegeben hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber sehr schön ist, dass die Einspielergebnisse des Films auch am zweiten Wochenende kaum runtergegangen sind. Einbußen von bis zu 60 Prozent gelten als normal. Bei uns waren es gerade einmal 39 Prozent. Zudem waren die Reaktionen auf den Film zumeist positiv. Bedenken Sie: Super 8 ist ein Film, von dessen Darstellern kaum jemand zuvor gehört hat. Mehr noch, wer zur Hölle weiß schon, was Super 8 bedeutet? In einem Sommer wie diesem, umzingelt von Piraten und Autos, grünen Laternen und Transformers, diesen gigantischen, monolithischen Marken-Schwergewichten, schlagen wir uns wirklich tapfer.

*(Amblin Entertainment ist die Produktionsfirma von Steven Spielberg, benannt nach seinem ersten Film. Bekannte Produktionen von Amblin sind: E.T., Die Goonies, Die Gremlins, Zurück in die Zukunft, Falsches Spiel mit Roger Rabbit, Jurassic Park, Schindlers Liste. Eine genaue Auflistung aller Filme findet sich hier.)