Errare Roman Est!
Das Strategiespiel „Total War: Rome II“ leidet unter der Dummheit der computergesteuerten Gegner. Das ist schade, denn das Game besitzt viel Potenzial.
Total War: Rome II, das aktuelle Strategiespiel von Creative Assembly, besitzt fantastische Schauwerte. Ein Makel aber erweist sich letztlich als entscheidend: Der Computergegner ist zu dumm. Das Computerspiel-Portal RockPaperShotgun beschreibt seine Eindrücke zu Total War: Rome II so: ein Gladiator in schimmernder Rüstung, der unter großem Tamtam in die Arena einzieht und Sieg um Sieg feiert. Nur um im finalen Kampf chancenlos zu unterliegen.
Die Fans der Reihe sind verärgert, weil Rome II sein gewaltiges Potenzial nicht ausschöpft. Das könnte natürlich etwas mit der Erwartungshaltung der Fans zu tun haben, oder auch etwas mit der Gewichtung seiner Unzulänglichkeiten. Aber ganz unbestritten hapert es mit der künstlichen Intelligenz des Spiels.
Dabei ist Rome II kein kompletter Reinfall. Ganz im Gegenteil.
Die Total War-Reihe ist eine Art Risiko für den PC. Der Spieler ist Feldherr und Staatsmann zugleich, ganz in der Tradition eines Julius Cäsar. Rome II beginnt im Jahr 272 vor Christus. Der Spieler kann Kampagnen absolvieren und sich dazu eine von zwölf Zivilisationen aussuchen. Neben den obligatorischen Römern gibt es Germanen, Karthager, Gallier, Griechen oder Ägypter.
Für die nächsten drei Jahrhunderte heißt es: Ländereien verwalten, Städte ausbauen, Technologien erforschen und Armeen ausschicken, um die Nachbarvölker zu unterwerfen. Dieser Verwaltungsteil ist rundenbasiert.
Interaktiver Sandalenfilm
Das Highlight sind die aufwändigen Echtzeit-Kämpfe. Bis zu 40 Einheiten, und damit Tausende einzeln animierte kleine Soldaten werden vom Spieler auf das Schlachtfeld geschickt. Man muss kein Militärfreak sein, um sich davon beeindrucken zu lassen, wie sich der Speerwald von fünf griechischen Phalanxen langsam auf den Feind zuschiebt. Wie ihr rhythmisches Stampfen sich mit Fanfaren und Kriegsgeschrei vermischt, während die Kavallerie vorbeiprescht. Es ist ein spielgewordener Jungstraum, ein interaktiver Sandalenfilm.
Die Gefechte funktionieren nach dem Prinzip Schere, Stein, Papier. Jede der möglichst authentisch nachempfundenen Einheiten hat eine Schwachstelle. Mächtige Kriegselefanten werden mit Bogenschützen angegangen, die wiederum durch Infanterie vor Reitern und Schwertkämpfern geschützt. Und so weiter.
Offene Feldschlachten gegen den Computer sind gerade in den höheren Schwierigkeitsstufen herausfordernd. Zusätzliche taktische Tiefe erhalten sie durch eine neu eingeführte, begrenzte Sichtweite. Hinter Hügeln und in Wäldern können feindliche Verbände lauern. Man beobachtet die Winkelzüge des Gegenübers, um dann die eigene Truppenformation neu zu ordnen. Dabei ist es sinnvoll, das Spielgeschehen anzuhalten oder zumindest zu verlangsamen.
Ganz anders sieht es jedoch aus, belagern die eigenen Armeen eine Stadt. Hätten die Karthager sich einst derart willig von den Zinnen schießen lassen, die Eroberung des römischen Erzfeindes wäre im Handstreich gelungen. Geduldig wartet der Gegner an zentralen Verteidigungspunkten auf seinen Untergang, statt einen Ausfall zu wagen oder die Straßen der Stadt für gemeine Hinterhalte zu nutzen.
Anfangs freut man sich über den nahezu widerstandslosen Vormarsch der eigenen Heere. Doch schnell öden die Belagerungsszenen an: ein essenzieller Malus für ein militärisches Strategiespiel.
Auf der Taktikkarte geben sich die benachbarten Fürsten und Könige ebenfalls handzahm. Kein Vergleich etwa zu dem Vorgängerspiel Shogun 2, wo man im Gedränge der japanischen Insel sofort umzingelt war von Feindseligkeit, Spionen und Militärbündnissen. In Rome II dagegen sind Alliierte kaum notwendig, die Empfindlichkeiten der konkurrierenden Provinzfürsten nicht weiter von Belang. All das dürfte nicht nur den Veteranen der Serie aufstoßen.
Außerdem beschleicht einen das Gefühl, die Entwickler hätten es mit dem Spielumfang ein bisschen zu gut gemeint. Die simple Arithmetik von Rome IIlautet: Viel hilft viel. Es gibt 117 unterschiedliche Volksstämme, 700 unterschiedliche Militäreinheiten, die riesige Spielkarte unterteilt Europa, Nordafrika und das Persische Reich in 173 Regionen und 57 Provinzen. Der Spieler muss einen Großteil davon erobern. Das dauert zwar keine 300 Jahre, aber locker 30 Stunden. Pro Fraktion und Kampagne.
Bereits zwei Patches geliefert
Das kann sich in die Länge ziehen. Aber darf man in Zeiten, in denen Games üblicherweise nach acht Stunden durchgespielt sind, eigentlich meckern? Immerhin macht das Spiel durchaus Spaß und besitzt das für die Serie typische Suchtpotenzial.
Doch besitzt es auch die alten Probleme. Entwickler Creative Assembly hat nach einer Woche bereits den zweiten Patch nachgeliefert, um Fehler auszubessern. Weitere Updates werden mit Sicherheit folgen. Ein offensichtlich unfertiges Spiel auf den Markt zu werfen und dann so lange nachzubessern, bis es endlich sitzt, ist leider schon normal.
Wer will, kann darin etwas Positives sehen. Schon früher war das kritische Feedback Hunderttausender Spieler für die Reihe wichtig, genau wie das Engagement der Modder, die modifizierten und eigene Szenarien programmierten. Erst durch solche Mods wurde Total War schlauer und damit spannender und glich die traditionell mangelhafte Künstliche Intelligenz des Spiels aus.
Käufer von Rome II können nur hoffen, dass es eine Fülle von Patches geben wird. Sonst könnte es den Anfang vom Untergang eines Imperiums bedeuten.
Erschienen auf Zeit.de