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Ihren ersten Auftrag bekam Valeria Figallo von einem Model aus Kalifornien. „Sie mochte die Farben und den Style meiner Homepage“, erzählt Valeria, die aus der peruanischen Hauptstadt Lima kommt. Das Model aus dem weit entfernten Kalifornien wollte auch so eine Homepage. „Ich schrieb: Gar kein Problem, mach ich dir.“ Per Western Union kam ein Scheck über 600 Dollar. Valeria war aufgeregt, ihr erstes richtiges Honorar. Sie machte sich gleich an die Arbeit, und eine Woche später war die Homepage fertig. „Für meine Kundin war das natürlich ein Risiko, sie wusste ja, wie alt ich bin. Aber anscheinend wollte sie sehen, ob ich es wirklich schaffe.“ Der erste Eintrag auf der Website des Models lautete schließlich:

„Dieses 14-jährige Mädchen aus Peru hat meine Webseite gemacht. Engagiert sie!“

Als Valeria Figallo die Einsicht hatte, ihr Leben könne so nicht weitergehen, war sie zwölf Jahre alt. Das hübsche Mädchen mit den langen schwarzen Haaren hatte Probleme mit Autoritäten. In der katholischen Schule eckte sie an, die Noten gingen in den Keller. Während andere rebellische Teenager den Aufstand proben, ging Valeria stattdessen in die Bücherei und recherchierte alles, was sie zum Thema Home Schooling in die Finger kriegen konnte. Sie beraumte ein Familientreffen an und erklärte ihren Eltern, einer Hochschullehrerin und einem Hard-Rock-Gitarristen, sie werde die Schule verlassen. Die waren einverstanden, aber nur unter einer Bedingung: Valeria musste ihren Eltern beweisen, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann. Sie einigten sich auf ein Probejahr. Sollte das rebellische Töchterchen scheitern, würde es heißen: Zurück ins Klassenzimmer. Doch dazu sollte es nicht kommen.

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Valeria Figallo als Teenager (an der Gitarre: Papa Figallo).

Als Valeria Figallo die Einsicht hatte, ihr Leben könne so nicht weitergehen, war sie zwölf Jahre alt. Das hübsche Mädchen mit den langen schwarzen Haaren hatte Probleme mit Autoritäten. In der katholischen Schule eckte sie an, die Noten gingen in den Keller. Während andere rebellische Teenager den Aufstand proben, ging Valeria stattdessen in die Bücherei und recherchierte alles, was sie zum Thema Home Schooling in die Finger kriegen konnte. Sie beraumte ein Familientreffen an und erklärte ihren Eltern, einer Hochschullehrerin und einem Hard-Rock-Gitarristen, sie werde die Schule verlassen. Die waren einverstanden, aber nur unter einer Bedingung: Valeria musste ihren Eltern beweisen, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann. Sie einigten sich auf ein Probejahr. Sollte das rebellische Töchterchen scheitern, würde es heißen: Zurück ins Klassenzimmer. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Heute, mit 24 Jahren, arbeitet Valeria Figallo als Fotografin und Web Developerin. Sie hat eine für Lateinamerika untypische Karriere hinter sich. Einerseits, weil – egal ob in Uruguay, Peru oder Chile – die Risiken in der freien Wirtschaft eher gescheut werden und der verhältnismäßig sichere Staatsdienst das große Ziel vieler Auszubildender und Studenten ist. Andererseits, weil Valeria sich in einer Branche durchgesetzt hat, die weithin als von Männern dominiert gilt. In Deutschland beträgt der Frauenanteil in Tech- und IT-Berufen immer noch unter 10 Prozent. Und Lateinamerika gilt gemeinhin als Teilkontinent, auf dem die Macho-Kultur noch gepflegt wird.

„Ich hoffe, in meiner Generation wird dieses ganze Macho-Ding langsam mal abgelegt,“ sagt Macarena Botta. „In Uruguay gibt es kaum Frauen in Führungspositionen. Und manchmal denke ich mir auch: Verdammt, warum bist du kein Mann. Vor allem dann, wenn ich mal wieder von Kunden angemacht werde,“ berichtet die 30-jährige Gründerin aus Montevideo, der Hauptstadt von Uruguay. Kurz nach der Finanzkrise 2008 gab sie ihren gut bezahlten Job bei Wells Fargo auf. „Ich habe reichen Menschen dabei geholfen, noch reicher zu werden, aber irgendwann habe ich es dort einfach nicht mehr ausgehalten“, sagt sie heute. „Es gibt so viele Leute mit viel Geld, die dich behandeln, als seist du der letzte Dreck.“ Nun leitet sie im Stadtviertel Palermo das Coworking-Büro Sinergia.

„Mein Vater sagte, ich solle keinem von meiner Idee erzählen, sonst würde man sie mir klauen.“

Direkt nach ihrer Kündigung reiste Macarena Botta ein halbes Jahr durch Europa, fuhr nach Paris, London, Berlin, Budapest, und verpulverte dabei ihre gesamten Ersparnisse. Es war die beste Zeit ihres Lebens. Dabei traf sie jede Menge Gründer. Kaum wieder in Uruguay angekommen, beschloss sie, Menschen aus ihrem Umfeld dafür zu begeistern, zusammenzuarbeiten, sich bei Firmengründungen zu helfen, Know How auszutauschen, und zwar dauerhaft. Kein einfaches Unterfangen. „An den Universitäten wird uns nicht gesagt, dass man solche Projekte starten könnte. Und mein Vater sagte mir, ich solle bloß niemandem von der Idee erzählen, sonst würde man sie mir klauen.“ Sie seufzt: „Das ist leider typisch für unser Land.“

Im Gegensatz zu Chile oder Peru sind in Uruguay die Steuern nicht so niedrig, dass man damit junge Unternehmer anlocken kann. Im Gegenteil, das Leben in Montevideo ist teuer, und es gibt auch keine staatlichen Förderprogramme. Macarena Botta hat es trotzdem geschafft. „Bei Sinergia haben wir eine Gender-Ratio von zwei zu eins, auf eine Frau kommen zwei Männer. Die meisten Investoren sind natürlich männlich, aber in meinem Team sind fast nur Frauen.“ Und andere sollen folgen. Macarenas Motto lautet: „Más entrepreneuras“, zu deutsch: Mehr Gründerinnen. Singergia, der größte Coworking-Space des Landes, ist ihr Baby. 250 Menschen in 80 Startups arbeiten hier auf 1500 Quadratmetern. Macarena ist in ihrem Land eine Pionierin. „Nur meine Eltern fragen mich immer wieder, warum ich noch nicht geheiratet habe.“